Wohnrecht vs. Nutzniessungsrecht: Das müssen Sie wissen

Auf einem Haus oder einer Wohnung können ein Wohnrecht oder ein Nutzniessungsrecht eingetragen werden. Wohnrecht und das Nutzniessungsrecht sind sich sehr ähnlich. Es gibt allerdings einige wichtige Unterschiede, die Sie kennen sollten.  

Wohnrecht  

Was versteht man unter Wohnrecht?

Ein Wohnrecht gibt einer oder mehreren Personen das Recht, eine bestimmte Immobilie, ein Haus oder eine Wohnung, zu bewohnen, ohne selbst deren Eigentümer zu sein. Derjenige, dem ein Wohnrecht zugeschrieben wird, hat also ganz anders als ein Mieter ein vorrangiges Recht darauf, bestimmte Räumlichkeiten für sich zu nutzen, ohne dass diese ihm gehören. Das Wohnrecht wird zur Absicherung im Grundbuch eingetragen und zwar entweder als dingliches Recht oder als beschränkte persönliche Dienstbarkeit.

Wer hat das Wohnrecht?

Wird das Wohnrecht als eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen, beschränkt sich die Immobiliennutzung auf die im Grundbuch eingetragene Person. Wird hingegen das Wohnrecht als dingliches Recht eingetragen, können auch andere Menschen diese Immobilie zu Wohnzwecken nutzen, also etwa Familienangehörige oder Pflegepersonal.

Üblicherweise kann das Wohnrecht nicht übertragen werden, abweichende Lösungen sind aber möglich.

Dauer des Wohnrechtes

Meistens wird ein Wohnrecht auf Lebenszeit eingetragen, es gibt also keine Befristung des Wohnrechts.

Eine zeitliche Befristung ist rechtlich gesehen allerdings problemlos möglich, wenn auch selten.

Häufig wird die Eintragung eines lebenslangen Wohnrechts vorgenommen, wenn ein Haus bereits von den Eltern auf die Kinder übertragen werden soll, diese aber noch im Haus wohnen bleiben.

Einen eigentlichen Boom erlebte dieses Modell, als die Einführung einer Erbschaftssteuer auf direkte Nachkommen drohte.

Ein weiterer klassischer Fall ist ein Wohnrecht für den Lebenspartner, wenn dieser kein Eigentum an der Immobilie hat. So kann der verbleibende Partner im Todesfall weiter dort wohnen. Wäre dieses Recht nicht eingetragen, so bestünde die Gefahr, dass die Erben das Haus verkaufen würden und der überlebende Partner ausziehen müsste.

Welche Rechte und Pflichten gibt es bei dem Wohnrecht?

Je nachdem, wie das Wohnrecht im Einzelnen ausgestaltet wird, können sich unterschiedliche Rechte und Pflichten für den Wohnrechtsinhaber, aber auch die neuen Eigentümer ergeben.

  • Das Wohnrecht ist meist unentgeltlich. Abweichende Lösungen sind aber möglich. Zum Beispiel die Bezahlung der Hypothekarzinsen durch die Berechtigten
  • Sehr zu empfehlen ist eine Regelung, wer für welchen Teil des Gebäudeunterhaltes verantwortlich ist. Oftmals zahlt der Wohnberechtigte kleinere Reparaturen und der Gebäudeeigentümer die grossen Renovationen.
  • Die laufenden Nebenkosten und Gebühren werden in der Regel vom Wohnrechtsberechtigten übernommen.

Wir empfehlen, diese Regelungen schriftlich im notariell beglaubigten Dienstbarkeitsvertrag fest zu halten.

Wann endet das Wohnrecht der Immobilie?

In der Regel endet das Wohnrecht mit dem Tod des Berechtigten. Eine vorzeitige Auflösung des Wohnrechtes bedarf der Zustimmung aller beteiligten Personen.

Eine Auflösung ist auch möglich, wenn das Wohnrecht nicht mehr ausgeübt wird, zum Beispiel weil die wohnberechtigte Person aus gesundheitlichen Gründen in ein Pflegeheim zieht.

Was kann ich tun, wenn ich die Immobilie vor dem Todesfall nutzen möchte?

Wie erwähnt, gilt ein Wohnrecht in der Regel auf Lebenszeit. Wer die Liegenschaft unter Umständen früher nutzen möchte, muss mit der berechtigen Person eine Einigung erzielen.

Bei der Einräumung des Wohnrechtes können allerdings auch Fälle definiert werden, bei der ein Wohnrecht gelöscht werden kann.

Gut zu wissen:

Im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung durch das Betreibungsamt kann ein Haus in einem sogenannten Zweitaufruf ohne das Wohnrecht versteigert werden, sofern dies der Grundpfandgläubiger (meist die Bank) verlangt. Dadurch können wohnrechtsberechtigte Personen dieses ohne eigenes Verschulden verlieren.

Überlegen Sie sich bei der Überschreibung einer Liegenschaft auf Ihre Kinder also genau, ob diese die nötige finanzielle Solidität haben.

Nutzniessungsrecht

Was versteht man unter einem Nutzniessungsrecht?

Das Nutzniessungsrecht ermöglicht es, ein Haus, eine Wohnung oder ein Grundstück in Anspruch zu nehmen, ohne dessen Eigentümer zu sein. Man muss sich jedoch an der Instandhaltung beteiligen.  

Wer hat das Nutzniessungsrecht?

Wie beim Wohnrecht kann das Nutzniessungsrecht einer oder mehreren Personen übertragen werden. Ein Nutzniessungsrecht kann aber im Gegensatz zum Wohnrecht auch an Firmen, also juristische Personen, eingeräumt werden.

Üblicherweise kann das Nutzniessungsrecht nicht übertragen werden, abweichende Lösungen sind aber möglich.

Welche Rechte und Pflichten gibt es bei der Nutzniessung?

Ein Nutzniesser oder eine Nutzniesserin kann eine Immobilie wie beim Wohnrecht selbst bewohnen. Im Unterschied dazu kann er oder sie das Haus oder die Wohnung aber auch vermieten oder leer stehen lassen. Allfällige Mieteinnahmen stehen dem Nutzniesser zu.

An Pflichten besteht zunächst einmal die Sorgfaltspflicht: Nutzniesser müssen bei der Ausübung ihres Nutzniessungsrechts Sorgfalt und Umsicht walten lassen.

So darf er zum Beispiel keine Betriebe auf dem Grundstück ansiedeln, die Altlasten verursachen.

Nutzniesser sind auch zur Instandhaltung und Verwaltung des jeweiligen Objekts verpflichtet. Sie sind dafür verantwortlich, die Reparaturen und gewöhnliche Instandhaltung durchzuführen und die dafür anfallenden Kosten zu bezahlen. Sie tragen weiterhin die üblichen Verwaltungskosten, Zinsen für Hypotheken, Versicherungsprämien und die mit der Immobilie verbundenen Steuern.

Zu beachten ist auch, dass Nutzniesser gemäss dieser Instandhaltungspflicht und der Sorgfaltspflicht verpflichtet sind, etwaige Eigentümer zu informieren, wenn grössere Reparaturen zum Schutz des Objekts erforderlich sind. Wenn Eigentümer nicht in der Lage sind, die notwendigen Arbeiten durchzuführen, dürfen Nutzniesser diese auf Kosten der Eigentümer selbst durchzuführen.  

Behandeln Nutzniesser ein Objekt hingegen nachlässig, können Eigentümer Einspruch erheben und die Hinterlegung einer Sicherheit verlangen. Im Extremfall kann ein Gericht auch die Einziehung des Objekts beschliessen.

Dauer des Nutzniessungsrechtes

Auch das Nutzniessungsrecht endet üblicherweise mit dem Tod des Nutzniessenden. Länger als 100 Jahre darf es aber von Gesetzes wegen nie dauern. Andere Abmachungen zu Gründen der Beendigung sind selbstverständlich auch hier möglich und auch hier kann ein Nutzniessungsrecht jederzeit durch eine gegenseitige übereinstimmende Willensäusserung (beim Notar) beendet werden.

Unterschiede zwischen den beiden Rechten

Ein Nutzniessungsrecht lässt sich auch an einem Grundstück eintragen, ein Wohnrecht nur an Gebäuden mit Grundstück.

Nutzniessungsrechte können auch an juristische Personen erteilt werden, Wohnrechte nicht.

Beim Nutzniessungsrecht lässt sich eine Immobilie vermieten und der Mietzins gehört dem Nutzniesser, beim Wohnrecht ist dies nicht möglich.

Eine Nutzniessung kann übertragen werden.

Nutzniesser tragen auch Kosten wie Unterhalt und Hypothekarzinsen.

Warum ein Wohnrecht oder Nutzniessungsrecht

Einer der Hauptgründe für die Eintragung eines Wohnrechtes oder eines Nutzniessungsrechtes sind die Steuern. Muss eine Schenkungssteuer bezahlt werden, so reduziert sich der Wert einer Liegenschaft durch Einräumung eines Nutzniessungsrechtes oder eines Wohnrechtes erheblich. Dadurch wird die Schenkung kleiner und die Schenkungssteuer fällt tiefer aus.

Dieses Modell ist auch im Falle von Erbschaftssteuern sinnvoll, vorallem, wenn diese progressiv ausgestaltet sind. Durch eine Schenkung vor dem Tod erhalten die künftigen Erben die Liegenschaft zu einem reduzierten Wert. Tritt der Erbfall später ein, so erben sie nur noch die Differenz von Immobilienwert mit Wohnrecht oder Nutzniessungsrecht zu Immobilienwert ohne Belastung.

Durch die zeitliche Staffelung der Übertragung der vollen Rechte kann dadurch die Steuerprogression gebrochen werden, oder die einzelnen Immobilienwerte liegen im besten Falle sogar unter der jeweiligen Freigrenze.

Da im Kanton Zürich die direkten Nachkommen keine Erbschafts- und Schenkungssteuern bezahlen müssen, ist dieses aufwändige Modell hier zum Glück nur selten nötig.

Bewertung einer Immobilie mit Wohnrecht oder Nutzniessungsrecht

Ein Haus oder eine Wohnung kann natürlich auch mit einem eingetragenen Wohnrecht oder Nutzniessungsrecht bewertet werden. Diese Bewertung stellt jedoch höhere Anforderungen an den Immobilienbewerter und sollte nur von entsprechend qualifizierten Schätzern durchgeführt werden.

In einem ersten Schritt wird das Haus oder die Wohnung ohne Wohnrecht oder Nutzniessungsrecht bewertet.

Danach wird der Minderwert durch diese Belastung vom errechneten Immobilienwert abgezogen.

Hierzu muss der Schätzer Einsicht in die genauen Bestimmungen der Dienstbarkeit haben, da diese Einfluss auf den Wert haben. Weiter wird er die mutmassliche Dauer der Belastung bestimmen müssen. Zum Beispiel zieht er die Sterbetafeln der Versicherungsindustrie bei, um die Restlebenserwartung einer wohnrechtsberechtigen Person zu bestimmen.  

Damit ergibt sich auch, dass sich der Wert einer solchermassen belasteten Immobilie mit jedem Jahr erhöht, da das Ende der Belastung näher kommt.

Der Wert einer wohnrechts- oder nutzniessungsbelasteten Liegenschaft lässt sich so relativ exakt berechne.

Im praktischen Alltag ist es allerdings äusserst schwierig bis unmöglich, eine Liegenschaft mit einem Wohn- oder Nutzniessungsrecht zu verkaufen.

Haben Sie Fragen zum Wohnrecht oder Nutzniessungsrecht? Möchten Sie eine Liegenschaft mit einem solchen bewerten?

Gerne helfen wir Ihnen weiter.

Wer wir sind

Heller & Partner GmbH ist als Immobilienmakler im Grossraum Zürich tätig und hat den Anspruch, sich durch herausragende Fachkompetenz und Integrität gegenüber herkömmlichen Maklern zu profilieren.

Neben dem Verkauf von Immobilien als Makler führen wir sehr viele Immobilienbewertungen durch. Auf unsere Verkehrswertschätzungen vertrauen diverse Banken, Firmen, Versicherungen, die öffentliche Hand (Bund und Kanton) und die Bezirksgerichte und Betreibungsämter des Kantons Zürich.  

Als drittes Geschäftsfeld verwalten wir Liegenschaften wie Mehrfamilienhäuser und Stockwerkeigentum im Auftrag von unseren Kunden.